Zusammenfassung
Kopfschmerzen werden eingeteilt in primäre und sekundäre Kopfschmerzen. Die 3 großen Gruppen der primären Kopfschmerzen sind Spannungskopfschmerzen, Migräne und
Clusterkopfschmerzen. Für alle drei gibt es Merkmale anhand derer sie unterschieden werden können.
Es gibt ca 200 verschiedene Arten von Kopfschmerzen, die sich in primäre und sekundäre Kopfschmerzen unterteilen lassen.
2 Gruppen
Primäre Kopfschmerzen sind eigenständige Erkrankungen, die keine andere Ursache haben. Sie entstehen selbständig, ohne, dass eine andere Krankheit oder ein Unfall der Auslöser ist.
Sekundäre Kopfschmerzen hingegen sind Symptome anderer Erkrankungen, z.B. von Bluthochdruck, Hirntumor, etc. Wenn die zugrunde liegende Ursache angegangen wird, verschwinden auch die Kopfschmerzen.
Bei den Primäre Kopfschmerzen können wir drei Hauptgruppen unterscheiden:
- Spannungskopfschmerzen
- Migräne
- Clusterkopfschmerzen
Spannungskopfschmerzen
Spannungskopfschmerzen sind die häufigste Form von Kopfschmerzen. Fast jeder Mensch (78% der Bevölkerung) erlebt sie im Laufe seines Lebens. Sie sind in der Regel nicht so stark wie Migräne oder Cluster-Kopfschmerzen, können aber dennoch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Entstehung
Die genaue Ursache von Spannungskopfschmerzen ist nicht vollständig geklärt.
Eine der häufigsten Theorien besagt, dass Spannungskopfschmerzen durch Verspannungen der Muskeln in Kopf, Nacken und Schultern verursacht werden. Diese Verspannungen können durch Stress, schlechte Körperhaltung oder langes Sitzen in einer ungünstigen Position entstehen.
Aber auch emotionale Belastungen wie Angst oder Depressionen können zu Muskelverspannungen führen.
Die Muskelverspannung ist aber nicht die alleinige Ursache, da nicht jede Muskelverspannung zu Spannungskopfschmerzen führt.
Spannungskopfschmerzen können auch ausgelöst werden durch zu wenig Trinken, plötzlicher Koffein-Entzug, zu wenig Schlaf oder nicht korrigierte Sehfehler.
Es wird auch vermutet, dass bei Menschen mit Spannungskopfschmerzen die Schmerzverarbeitung im Gehirn verändert ist. Dies könnte dazu führen, dass normale Reize als schmerzhaft empfunden werden.
Die International Headache Society, IHS unterscheidet je nach Auftretungshäufigkeit den
selten auftretende episodische Spannungskopfschmerz , den häufig auftretende episodische Spannungskopfschmerz und den chronischen Spannungskopfschmerz.
Symptome
Spannungskopfschmerzen werden typischerweise wie folgt beschrieben:
Dumpfer, drückender oder ziehender Schmerz: Der Schmerz wird oft als „Band um den Kopf“ oder als „Druckgefühl“ beschrieben.
Beidseitiger Schmerz: Der Schmerz tritt meist beidseitig im Kopf auf, kann aber auch im Nacken oder der Stirn lokalisiert sein.
Leichte bis mittelschwere Intensität: Im Gegensatz zur Migräne sind die Schmerzen meist nicht so stark und beeinträchtigen die Alltagsaktivitäten in der Regel nicht wesentlich.
Keine Begleitsymptome: Typischerweise fehlen Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- oder Geräuschempfindlichkeit, die bei Migräne häufig auftreten.
Dauer: Die Schmerzen können von 30 Minuten bis zu mehreren Tagen anhalten.
Keine Verschlimmerung durch körperliche Aktivität: Im Gegensatz zur Migräne verschlimmern sich die Schmerzen bei körperlicher Anstrengung nicht.
Akuttherapie
Rezeptfreie Schmerzmittel: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS) oder Paracetamol können bei leichten bis mittelschweren Schmerzen wirksam sein. Es ist wichtig, die empfohlene Dosierung nicht zu überschreiten und die Medikamente nicht über längere Zeit ohne ärztliche Rücksprache einzunehmen, um Nebenwirkungen zu vermeiden.
Pfefferminzöl: Das Auftragen von Pfefferminzöl auf Stirn und Schläfen kann durch seinen kühlenden Effekt ebenfalls schmerzlindernd wirken.
Entspannungstechniken: Entspannungsübungen wie progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training können bei stressbedingten Spannungskopfschmerzen helfen.
Wärme: Eine Wärmeanwendung im Nacken- und Schulterbereich kann bei muskulären Verspannungen wohltuend sein.
Vorbeugende Therapie
Stressmanagement: Techniken zur Stressbewältigung wie Entspannungsübungen, Meditation oder Yoga können helfen, stressbedingte Spannungskopfschmerzen zu reduzieren.
Regelmäßige Bewegung: Ausdauersportarten wie Nordic Walking, Schwimmen oder Radfahren können die Muskulatur stärken und Verspannungen lösen.
Ergonomischer Arbeitsplatz: Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes kann Fehlhaltungen und somit Muskelverspannungen vorbeugen.
Physiotherapie: Physiotherapeutische Behandlungen wie Massagen oder manuelle Therapie können bei muskulären Verspannungen helfen.
Psychotherapie: Bei psychischen Belastungen wie Angst oder Depressionen kann eine Psychotherapie sinnvoll sein.
Medikamentöse Prophylaxe: In einigen Fällen kann eine medikamentöse Prophylaxe mit Antidepressiva (z.B. Amitriptylin) oder Muskelrelaxantien in niedriger Dosis in Erwägung gezogen werden. Diese sollte jedoch nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Migräne
anders als der Spannungskopfschmerz verschlimmert sich eine Migräne bei körperlicher Aktivität. Das ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal!
Entstehung
Die genauen Ursachen der Migräne sind noch nicht vollständig geklärt, aber es handelt sich um eine komplexe Wechselwirkung verschiedener Faktoren
Genetische Veranlagung: Eine familiäre Häufung ist häufig, was auf eine genetische Komponente hindeutet. Bestimmte Genvarianten erhöhen die Anfälligkeit für Migräne.
Beteiligung von Hirnstammarealen: Es gibt Hinweise auf eine Beteiligung von Hirnstammarealen,
Freisetzung von Neuropeptiden: Die aktivierten Nervenendigungen setzen Neuropeptide wie CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) frei. CGRP ist ein Botenstoff, der Entzündungen und Gefäßerweiterungen in den Hirnhäuten verursacht.
Aktivierung des Trigeminusnervensystems: Der Trigeminusnerv, der für die sensible Versorgung des Gesichts und des Kopfes zuständig ist, spielt eine zentrale Rolle. Durch verschiedene Triggerfaktoren werden Nervenendigungen des Trigeminusnervs im Bereich der Hirnhäute aktiviert.
Migräneanfälle können durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, die individuell sehr unterschiedlich sein können. Es wird empfohlen, ein Kopfschmerztagebuch zu führen um mögliche Auslöser identifizieren zu können.
Symptome
Pulsierender, hämmernder oder pochender Kopfschmerz: Der Schmerz ist meist einseitig, kann aber auch beidseitig auftreten oder die Seite wechseln.
Mittelschwere bis starke Intensität: Die Schmerzen sind oft so stark, dass sie die Alltagsaktivitäten erheblich beeinträchtigen.
Begleitsymptome:
Übelkeit und Erbrechen
Lichtempfindlichkeit
Geräuschempfindlichkeit
Geruchsempfindlichkeit
Der Verlauf einer typischen Migräne wird in 4 Phasen eingeteilt:
- Prodromalphase (Vorwarnphase mit z.B. Gereiztheit, Heißhunger, Schlaflosigkeit oder Durchfall)
- Aura (Auftreten von visuellen oder taktilen Symptomen wie Blitze oder Kribbeln)
- Kopfschmerzphase
- Postdromalphase
Akuttherapie
Rezeptfreie Schmerzmedikamente: Ibuprofen, Naproxen oder Acetylsalicylsäure (ASS) können bei leichten bis mittelschweren Attacken wirksam sein.
Triptane: Triptane (z.B. Sumatriptan, Rizatriptan, Eletriptan) sind spezifische Migränemittel, die die Freisetzung von CGRP hemmen und die Blutgefäße verengen. Sie sind besonders wirksam bei mittelschweren bis schweren Attacken.
Antiemetika: Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen (z.B. Metoclopramid, Domperidon) können in Kombination mit Schmerzmitteln eingesetzt werden.
Vorbeugende Therapie
Regelmäßiger Lebensstil: Regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, regelmäßige Mahlzeiten und ausreichend Flüssigkeitszufuhr können helfen, Migräneattacken vorzubeugen
Stressmanagement: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Yoga oder Meditation können Stress reduzieren und somit die Migränefrequenz verringern.
Betablocker (z.B. Propranolol): Werden häufig zur Blutdrucksenkung eingesetzt, können aber auch die Migränefrequenz reduzieren.
Antiepileptika (z.B. Topiramat): Können ebenfalls zur Migräneprophylaxe eingesetzt werden.
Antidepressiva (z.B. Amitriptylin): In niedriger Dosis können sie ebenfalls zur Migräneprophylaxe eingesetzt werden.
Cluster-Kopfschmerzen
Der Cluster-Kopfschmerz ist eine der schwersten Kopfschmerzformen. Er zeichnet sich durch extrem starke, streng einseitige Schmerzattacken aus, die in Clustern (gehäuft) auftreten. Etwa 0,1-0,2% der Bevölkerung sind betroffen.
Entstehung
Die genauen Ursachen des Cluster-Kopfschmerzes sind noch nicht vollständig geklärt. Man geht jedoch von einer komplexen Interaktion verschiedener Faktoren aus.
Dysfunktion des Hypothalamus: Der Hypothalamus, eine Hirnregion, die unter anderem den Schlaf-Wach-Rhythmus und hormonelle Funktionen reguliert, scheint eine zentrale Rolle zu spielen. Veränderungen in seiner Aktivität könnten die periodischen Attacken auslösen. Dies erklärt auch die oft zirkadiane Rhythmik der Attacken (häufig nachts).
Aktivierung des Trigeminusnervensystems: Wie bei der Migräne ist auch beim Cluster-Kopfschmerz das Trigeminusnervensystem beteiligt. Die Aktivierung führt zur Freisetzung von Neuropeptiden wie CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide), die Schmerzen und autonome Symptome (z.B. Tränenfluss, verstopfte Nase) verursachen.
Beteiligung des Parasympathikus: Der Parasympathikus, ein Teil des autonomen Nervensystems, ist ebenfalls involviert. Seine Aktivierung führt zu den autonomen Begleiterscheinungen des Cluster-Kopfschmerzes.
Vaskuläre Veränderungen: Obwohl Gefäßerweiterungen im Gehirn eine Rolle spielen könnten, scheinen sie nicht der primäre Auslöser der Attacken zu sein, sondern eher eine Folge der neuronalen Aktivierung.
Genetische Veranlagung: Es gibt Hinweise auf eine genetische Veranlagung, aber diese ist weniger stark ausgeprägt als bei der Migräne.
Cluster Kopfschmerzen-Symptom
Symptome
Extrem starker, bohrender, stechender oder reißender Schmerz: Der Schmerz wird von den Betroffenen oft als unerträglich beschrieben.
Streng einseitiger Schmerz: Der Schmerz tritt immer auf derselben Seite des Kopfes auf, meist im Bereich des Auges, der Stirn oder der Schläfe.
Kurze Attackendauer: Die Attacken dauern in der Regel zwischen 15 und 180 Minuten.
Clusterperioden: Die Attacken treten in Clustern (gehäuft) über Wochen oder Monate auf, gefolgt von längeren beschwerdefreien Intervallen (Remissionsphasen).
Tagesrhythmik: Die Attacken treten oft zu bestimmten Tageszeiten auf, häufig nachts oder in den frühen Morgenstunden.
Autonome Begleitsymptome: Auf der betroffenen Seite treten typischerweise folgende Begleitsymptome auf:
- Tränendes Auge (Lakrimation)
- Verstopfte oder laufende Nase (Rhinorrhoe)
- Hängendes Augenlid (Ptosis)
- Verengte Pupille (Miosis)
- Gerötetes Gesicht (Flush)
- Schwitzen im Gesicht
Cluster Kopfschmerzen sind nicht heilbar, der Ziel der Behandlung besteht darin, die Schmerzen zu lindern und die Attacken zu verkürzen.
Da die Schmerzen oft sehr plötzlich einsetzen sind schnell wirkende Maßnahmen erforderlich.
Akuttherapie
Sauerstoffinhalation: Die Inhalation von reinem Sauerstoff (100%) mit einer Flussrate von 7-12 Litern pro Minute über eine Gesichtsmaske ist die Therapie der ersten Wahl. Die Wirkung tritt meist innerhalb von 15-20 Minuten ein. Die korrekte Anwendung ist entscheidend: Die Maske muss dicht abschließen, und die Inhalation sollte so früh wie möglich nach Beginn der Attacke erfolgen.
Triptane: Subkutane oder nasale Triptane (z.B. Sumatriptan, Zolmitriptan) sind ebenfalls sehr wirksam. Die subkutane Gabe von Sumatriptan zeigt den schnellsten Wirkungseintritt. Orale Triptane sind weniger geeignet, da der Wirkungseintritt zu langsam ist.
Vorbeugende Therapie
Verapamil: Verapamil, ein Kalziumkanalblocker, ist die ersten Wahl zur Prophylaxe des episodischen Cluster-Kopfschmerzes. Die Dosierung muss langsam gesteigert werden und regelmäßige EKG-Kontrollen sind erforderlich da es zu kardialen (das Herz betreffende) Nebenwirkungen kommen kann.
Verapamil wirkt nicht sofort. Es kann einige Tage bis Wochen dauern, bis eine deutliche Besserung eintritt. Wie genau es wirkt, ist noch nicht vollständig geklärt.
Kortikosteroide: Kurzzeitige Gaben von Kortikosteroiden (z.B. Prednison) können bei der Überbrückung bis zum Wirkungseintritt von Verapamil oder bei sehr kurzen Cluster-Perioden eingesetzt werden. Aufgrund der Nebenwirkungen sollten sie jedoch nicht über längere Zeit angewendet werden.
Der genaue Wirkmechanismus von Kortikosteroiden bei Cluster-Kopfschmerzen ist noch nicht vollständig geklärt.
Galcanezumab: Galcanezumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen CGRP (Calcitonin Gene-Related Peptide) und ist für die Prophylaxe des episodischen Cluster-Kopfschmerzes zugelassen. Es wird einmal monatlich subkutan injiziert und zeigt eine hohe Wirksamkeit.
CGRP ist ein kleines Protein (ein Neuropeptid), das im Nervensystem vorkommt. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Schmerzsignalen und der Erweiterung von Blutgefäßen im Gehirn. Bei Migräne und auch bei Cluster-Kopfschmerzen ist der CGRP-Spiegel im Blut während einer Attacke erhöht. Galcanezumab blockiert die Wirkung von CGRP.