Zusammenfassung
Die offiziellen Diagnosekriterien einer Migräne Diagnostik nach der International Headache Society werden erklärt, sowie die nicht-typischen Formen der leisen Migräne, der chronischen Migräne, der Netzhautmigräne, der hemiplegischen Migräne sowie der Migräne mit Hirnstammaura.
Wenn Du den Artikel über die verschiedenen Kopfschmerz-typen gelesen hast, weißt Du schon ein wenig darüber, worauf Du achten musst, um die Migräne von anderen Kopfschmerzen unterscheiden zu können.
Aber, was sich auf den ersten Blick ganz einfach anhört, ist auf den zweiten häufig doch komplizierter als gedacht.
Als erstes etwas ganz Wichtiges: Du bist der Experte für deine Kopfschmerzen. Niemand außer dir selbst weiß, wie sich deine Kopfschmerzen anfühlen!
Es ist für die Diagnostik daher enorm wichtig, dass du deine Kopfschmerzen so gut wie irgend möglich beobachtest und beschreibst! Denn nur du kannst dem Arzt/der Ärztin die Informationen geben die zu einer Diagnose benötigt werden.
- Wo treten die Schmerzen auf?
- Wie viele Kopfschmerz Tage hast du im Monat?
- Wie fühlt sich der Schmerz an (klopfend, stechend, drückend…) ?
- Hast Du vorher schon etwas bemerkt?
- Gibt es regelmässige Vorkommnisse, die immer vor dem Anfall auftreten?
- Was für andere Symptome bemerkst du vor, während oder nach dem Anfall?
- Wie fühlen sich die Kopfschmerzen genau an?
- Was tust du während der Kopfschmerzen?
Die Tools
Mit Hilfe eines Migräne Kalenders, eines Migräne-Tagebuches oder einer Migräne-App kannst Du die benötigten Informationen übersichtlich und strukturiert erfassen.
Das muss, vor Allem wenn Du noch am Anfang stehst, nicht sehr umfangreich oder kompliziert sein.
Mit der Zeit wirst du deine Kopfschmerzen besser kennen lernen und selber Ideen bekommen, was du noch genauer verfolgen möchtest.
Folgende Informationen sind hilfreich:

Wenn Du gerne etwas Digitales hättest, ist eine Migräne App eine tolle Möglichkeit. Es gibt mehrere, ich komme am Besten mit dem Migräne App der Schmerzklinik Kiel zurecht. In dieser App kannst Du nicht nur Deine Kopfschmerzen dokumentieren, sondern findest auch Entspannungsübungen und sehr viele Informationen über Migräne.
Ein Tipp:
Konzentriere dich auf 1-2 mögliche Auslöse- Kandidaten zur gleichen Zeit. Und wähle mögliche Auslöser, wo du eine Chance hast, sie auch zu kontrollieren.
Das Wetter kannst du nicht kontrollieren, und ihm auch nicht entkommen. Eine bestimmte Wetterlage kann zwar ein Auslöser sein, es bringt dir aber nicht so sonderlich viel, wenn du das weißt.
Wenn du dagegen weißt das Käse ein Auslöser ist, oder Schokolade, oder das du immer eine Attacke bekommst wenn du das Frühstück ausfallen lässt, dann kannst du etwas dagegen tun.
Die International Headache Society (IHS)
Gehst Du mit dem Verdacht an Migräne zu leiden zu einem Arzt, wird er üblicherweise die Kriterien der IHS für eine Diagnostik heranziehen.
Wer oder was ist die IHS?
Die IHS ist eine globale Organisation, die sich der Erforschung, Behandlung und Prävention von Kopfschmerzen widmet. Sie wurde 1978 gegründet und ist eine gemeinn+utyige, internationale Gesellschaft von Fachleuten, die sich mit Kopfschmerzerkrankungen befassen. Eines ihrer Aufgaben ist die Entwicklung und Veröffentlichung der „International Classification of Headache Disorders“ (ICHD), ein weltweit anerkanntes Klassifikationssystem für Kopfschmerzerkrankungen, und sie erstellt anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse Richtlinien für die Diagnose und Behandlung von Kopfschmerzerkrankungen.
Die Diagnosekriterien der Migräne

Die meisten Migräneerkrankungen können anhand dieser Kriterien sicher diagnostiziert werden.
Es gibt aber auch atypische Migräneformen, welche nicht in dieses „Schema F“ passen und nicht anhand dieser Kriterien erkannt werden.
Die chronische Migräne
Chronische Migräne ist definiert als Kopfschmerz, der an mindestens 15 Tagen im Monat über mehr als drei Monate auftritt, wobei an mindestens acht dieser Tage die Kriterien für eine Migräne mit oder ohne Aura erfüllt sein müssen. Das bedeutet, dass Betroffene fast ständig unter Kopfschmerzen leiden, was eine enorme Einschränkung der Lebensqualität darstellt.
Die genauen Ursachen für die Entwicklung einer chronischen Migräne sind noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch einige Risikofaktoren, die die Chronifizierung begünstigen können:
- Häufige Migräneattacken: Je häufiger die Migräneattacken auftreten, desto höher ist das Risiko einer Chronifizierung.
- Übergebrauch von Schmerzmitteln: Der übermäßige Gebrauch von Schmerzmitteln (Medikamentenübergebrauchskopfschmerz, MÜK) kann paradoxerweise zu einer Chronifizierung der Kopfschmerzen führen.
- Begleiterkrankungen: Depressionen, Angststörungen, Schlafstörungen und andere chronische Schmerzerkrankungen können das Risiko einer Chronifizierung erhöhen.
- Übergewicht und Bewegungsmangel: Auch diese Faktoren können eine Rolle spielen.
Die „leise“ Migräne
Eine Migräne kann auch ohne die Kopfschmerzphase auftreten. Das wird häufig eine „leise“ Migräne genannt. Der offizielle Name ist allerdings „typische Migräne ohne Kopfschmerzen“.
Es ist eine Migräne mit den Symptomen einer Aura, aber ohne die Kopfschmerzen.
Die „leise“ Migräne kann von einigen Minuten bis zu einer Stunde dauern.
Ungefähr 4% der Migränebetroffenen erleben eine solche Art von Migräne, und es gibt Anzeichen dafür, dass sie bei älteren Menschen häufiger vorkommen.
Auch wenn sich diese Migräne erstmal nicht so schlimm anhört, hat man doch keine Schmerzen dabei, können die Symptome einer Aura natürlich sehr belastend sein, und wenn Du häufiger eine Phase hast wo Dir z.B. schlecht ist, oder du Blitze oder schwarze Punkte siehst, oder du Schwierigkeiten hast du sprechen, du ein Kribbeln in Armen oder Beinen spürst, dann solltest Du auch an eine mögliche Migräne denken, ein Migränetagebuch o.Ä. führen und es mit deinem Arzt/Ärztin besprechen.
Netzhautmigräne
bei dieser Migräne beschränken sich die visuluellen Phänome auf ein Auge. Es ist daher ein deutlicher Unterschied zu einer normalen Aura zu sehen, bei welcher beide Augen betroffen sind.
Es kann sein, dass die Betroffenen blitzende Lichter sehen, plötzlich auf einem Auge schlechter sehen können, oder sogar kurzzeitig auf einem Auge ganz blind werden.
Danach können, müssen aber keine Kopfschmerzen auftreten.
Es gibt bislang keinen Test um eine Netzhautmigräne zu diagnostizieren. Die Diagnose erfolgt durch das Ausschlussverfahren, d.h. andere mögliche Gründe werden diagnostisch ausgeschlossen.
Wenn Du unter 50 Jahren bist, das visuelle Phänomen weniger als eine Stunde dauert, und keine Risikofaktoren für andere Gefäßkrankheiten, wie hoher Blutdruck, hoher Cholesterinspiegel etc vorliegen, dann besteht aber eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine Netzhautmigräne handelt.
Hemiplegische Migräne
Die hemiplegische Migräne ist eine recht seltene Form der Migräne, sie betrifft ungefähr
1 in 10 000 Menschen, kann aber sehr beängstigend sein, da es stark an einen Schlaganfall erinnert.
Bei einer hemiplegischen Migräne wird eine Körperseite von Muskelschwäche betroffen. Die Muskelschwäche startet normalerweise während der Aura, kurz vor der Kopfschmerzphase oder während der Kopfschmerzphase. Zusätzlich zu der Muskelschwäche können sensorische (zum Beispiel Kribbeln), visuelle Symptome oder Sprachprobleme hinzukommen.
Die Symptome können ein paar Stunden, aber auch ein paar Tage oder sogar bis zu 4 Wochen anhalten.
Bei diesem Migränetyp kann es in sehr seltenen Fällen auch zu schweren Komplikationen wie epileptische Anfälle, Gedächtnisverlust, Persönlichkeitsveränderungen oder sogar Koma kommen.
Achtung! Wenn Du die oben beschriebenen Anzeichen bemerkt, dann versuche nicht selber zu diagnostizieren, ob es sich um eine hemiplegische Migräne oder einem Schlaganfall handelt. Damit könntest Du wertvolle Zeit verlieren, falls es ein Schlaganfall ist. Rufe sofort den Rettungsdienst! Eine hemiplegische Migräne wäre kein Notfall, aber ein Schlaganfall ist einer.
Eine hemiplegische Migräne tritt in den meisten Fällen gehäuft in einer biologischen Familie auf da es vererbbar ist. Bislang wurden drei Untertypen klassifiziert, die jeweils durch eine andere Genmutation ausgelöst werden.
Die Information, ob so eine Migräne schon mal innerhalb der Familie aufgetreten ist, ist somit ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik.
Darüber hinaus werden aber auch diagnostisch andere mögliche Krankheiten ausgeschlossen, die ähnliche Symptome haben können.
Migräne mit Hirnstammaura
die Migräne mit Hirnstammaura ist eine seltene und besonders schwere Form der Migräne mit Aura. Früher als Basilarismigräne bekannt, wird sie heute als eigenständige Migräneform anerkannt.
Die Symptome sind vielfältig und können sehr intensiv sein. Typische Symptome umfassen:
- Schwindel (Vertigo): Oft extrem und langanhaltend.
- Hörstörungen: Tinnitus und Hörminderung.
- Sehstörungen: Doppelbilder (Diplopie), Lichtblitze (Photopsie), Gesichtsfeldausfälle (Skotome).
- Sprachstörungen: Dysarthrie oder Aphasie.
- Gleichgewichtsstörungen: Ataxie und unwillkürliche Augenbewegungen (Nystagmus).
- Bewusstseinsstörungen: Verwirrtheit, Desorientiertheit und vorübergehender Gedächtnisverlust.
- Sensorische Störungen: Beidseitige Missempfindungen, Taubheitsgefühle und Kribbeln.
Diese Symptome können leicht mit schwerwiegenderen Erkrankungen wie Schlaganfall oder Hirntumor verwechselt werden, was die Diagnose erschwert.
Die Diagnose der Migräne mit Hirnstammaura basiert hauptsächlich auf einer gründlichen Anamnese und dem Ausschluss anderer Erkrankungen.
Die International Headache Society (IHS) hat spezifische Kriterien für die Diagnose festgelegt, die unter anderem das Vorhandensein von mindestens zwei vollständig reversiblen Hirnstammsymptomen ohne motorische Schwäche umfassen.
Leider dauert es oft Jahre, bis Betroffene eine korrekte Diagnose erhalten. Häufig werden sie immer und immer wieder auf Schlaganfall untersucht, was zu keinem Ergebnis führt.
Schreib´doch mal in die Kommentare wie es bei Die Diagnosefindung bei Dir war. War es einfach, die richtige Diagnose zu bekommen, oder war es eine lange Reise?